Berlin, 2009

Berlin, 2009
We want more voices, thoughts and languages!

Sunday, July 31, 2011





























Odradek

EIN HOLZSTERN, blau,


aus kleinen Rauten gebaut. Heute, von


der jüngsten unserer Hände.



Das Wort, während


du Salz aus der Nacht fällst, der Blick


wieder die Windgalle sucht:



– Ein Stern, tu ihn,


tu den Stern in die Nacht.


(– In meine, in


meine.)



UNA STELLA LIGNEA, blu/costruita con piccoli rombi. Oggi, dalla/più giovane delle nostre mani.//La parola, nel mentre tu/precipiti sale dalla notte, lo sguardo/cerca di nuovo il tempestoso chiarore:// – Una stella, mettila,/metti la stella nella notte.// (– Nella mia, nella/mia.


Paul Celan, 30-31.08.1958, Grata di Parole, Sprachgitter.

NORDISCHE SEE

“Die Zeit, in welcher selbst der lebt, der keine Wohnung hat”, wird dem Reisenden, der keine hinter sich ließ, ein Palais. Drei Wochen lang reihten seine vom Geräusch der Wogen erfüllten Hallen nordwärts sich aneinander. Möwen und Städten, Blumen, Möbel und Statuen erschienen auf ihren Wänden, und durch ihre Fenster fiel Tag und Nacht Licht. [Walter Benjamin, GS, IV, 1, S. 383].

ovviamente lavori ancora in corso...

Baustelle: Immagini Dialettiche.


Studi su Walter Benjamin



Francesco Merlin


(Februar – April 2008)


Per l’inizio e per la fine




Dialektisches Bild


Vergleich der Versuche der andern mit Unternehmen der Schifffahrt, bei denen die Schiffe vom magnetischen Nordpol abgelenkt werden. Diesen Nordpol zu finden. Was für die anderen Abweichungen sind, das sind für mich die Daten, die meinen Kurs bestimmen. ­Auf den Differentialen der Zeit, die für die anderen die ´großen Linien´ der Untersuchung stören, baue ich meine Rechnung auf. [Walter Benjamin, Gesammelte Schriften, V, 1. (Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1974-1989), S. 570]


Dass und als Doppelvokalgrapheme nicht vorkommen, liegt wohl an der Form der Buchstaben. Beide würden nicht zu einer Erleichterung, sondern zu Irritationen für das Auge führen, insbesondere bei Schreibschriften. [Prof. Dr. Peter Eisenberg, ‘Phonem und Graphem’, Die Grammatik, (Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag, 2005), S. 74]


Ich lernte ein Exemplar einer bisher mir fabelhaften Gattung kennen. Ca 26jährige Jüdin, die Kunstgeschichte studiert und 3 Kategorien von Kunsturteilen hat: wundervoll, süß, großartig. [Walter Benjamin, Brief an Herbert Blumenthal, Freiburg, 7.6.1913, Gesammelte Briefe, 1, (Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, 1995)]


Kants Definition der Ehe aus der „Metaphysik der Sitten“, deren einzig als Exempel rigoroser Schablone oder als Kuriosum der senilen Spätzeit hin und wieder gedacht wird, ist das erhabenste Produkt einer ratio, welche, unbestechlich treu sich selber, in den Sachverhalt unendlich tiefer eindringt, als gefühlvolles Vernünfteln tut. Zwar bleibt der Sachverhalt selbst, welcher allein philosophischer Anschauung – genauer: philosophischer Erfahrung – sich ergibt, beiden verschlossen, aber wo das eine ins Bodenlose führt, trifft die andere genau auf den Grund, wo die wahre Erkenntnis sich bildet. Sie erklärt demnach die Ehe als „die Verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum lebenswierigen wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften. – Der Zweck Kinder zu erzeugen und zu erziehen mag immer ein Zweck der Natur sein, zu welchem sie die Neigung der Geschlechter gegen einander einpflanzte; aber daß der Mensch, der sich verehelicht, diesen Zweck sich vorsetzen müsse, wird zur Rechtmäßigkeit dieser seiner Verbindung nicht erfordert; denn sonst würde, wenn das Kinderzeugen aufhört, die Ehe sich zugleich von selbst auflösen“. [Walter Benjamin, Goethes Wahlverwandtschaften, GS, I, 1, S. 127, Immanuel Kant, Metaphysik der Sitten]



*


Vögel


Wichtiger als die Binsenwahrheit vom Mangel einer erotischen Kultur ist die Tatsache der doppelten erotischen Unkultur: der familialen und der Prostitution. Vergeblich der Versuch, diese beiden Geistlosigkeiten sich durchdringen zu lassen in der Gloriole jugendlichen Philisteriums: dem Verhältnis. [Walter Benjamin, Erotische Erziehung, GS, II, 1, S. 71]


Binse f giunco m; F fig. i n d i e B i n s e n g e h e n andare perduto; ~n-wahrheit f verità f lapalissiana, truismo m.


DIESE ANPFLANZUNGEN SIND DEM SCHUTZE DES PUBLIKUMS EMPFOHLEN.


Was wird „gelöst“? Bleiben nicht alle Fragen des gelebten Lebens zurück wie ein Baumschlag, der uns die Aussicht verwehrte? Daran, ihn auszuroden, ihn auch nur zu lichten, denken wir kaum. Wir schreiten weiter, lassen ihn hinter uns und aus der Ferne ist er zwar übersehbar, aber undeutlich, schattenhaft und desto rätselhafter verschlungen. [Walter Benjamin, Einbahnstraße, GS, IV, 1, S. 92]


Wer liebt, der hängt nicht nur an „Fehlern“ der Geliebten, nicht nur an Ticks und Schwächen einer Frau, ihn binden Runzeln im Gesicht und Leberflecken, vernutzte Kleider und ein schiefer Gang viel dauernder und unerbittlicher als alle Schönheit. Man hat das längst erfahren. Und warum? Wenn eine Lehre wahr ist, welche sagt, daß die Empfindung nicht im Kopfe nistet, daß wir ein Fenster, eine Wolke, einen Baum nicht im Gehirn, vielmehr an jenem Ort, wo wir sie sehen, empfinden, so sind wir auch im Blick auf die Geliebte außer uns. Hier aber qualvoll angespannt und hingerissen. Geblendet flattert die Empfindung wie ein Schwarm von Vögeln in dem Glanz der Frau. Und wie Vögel Schutz in den laubigen Verstecken des Baumes suchen, so flüchten die Empfindungen in die schattigen Runzeln, die anmutlosen Gesten und unscheinbaren Makel des geliebten Leibs, wo sie gesichert im Versteck sich ducken. Und kein Vorübergehender errät, daß gerade hier, im Mangelhaften, Tadelnswerten die pfeilgeschwinde Liebesregung des Verehrers nistet. [Walter Benjamin, Einbahnstraße, GS, IV, 1, S. 92]


Wie diese Arbeit geschrieben wurde: Sprosse für Sprosse, je nachdem wie der Zufall dem Fuße einen schmalen Stützpunkt bot und immer wie einer der gefährliche Höhen erklettert und keinen Augenblick sich umsehen darf um nicht schwindlig zu werden (aber auch um die ganze Gewalt des ihm sich bietenden Panoramas für das Ende sich aufzusparen). [Walter Benjamin, Das Passagenwerk, GS, V, 1, N 2, 4]


Sproß m (- s s e s; - s s e) germoglio m, rampollo m, pollone m; fig. (Nachkomne) discendente m, figlio m, rampollo m. [Langenscheidt, Taschenwörterbuch Italienisch]


Sprosse f e-r Leiter: piolo m; am Rad: doga f; Geweih: cornetto m, rametto m. [Langenscheidt, Taschenwörterbuch Italienisch]



*


Der Strumpf


So ist das eye in EYE GLASSES – die das BLIND GLASS ersetzen und den Blick auf die Dinge schärfen sollen – homophon mit I. Hierdurch wird die Indivindulität und Subjektivität von Wahrnehmung und Sprachgebrauch besonders betont (zumal die Verbesserung der Sehschärfe durch Brillen durch eine individuelle Verfälschung des Gesehenen erkauft wird). [Jutta Kirchner, Gertrude Steins ‚Namenssprache‘ in Tender Buttons, 2002, http://web.fu-berlin.de/phin/phin16/p16t2.htm]


Eines Tages nun, als die schräg einfallende Sechs-Uhr-Sonne das Badezimmer beleuchtete, drang Wasser in ein halb ausgeschlürftes Ei… [Georges Bataille, ‚Die Geschichte des Auges‘ Das obszöne Werk, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, 2007, S. 26]


Seit jener Zeit war Simone der Manie verfallen, Eier mit dem Hintern zu zerbrechen. Dazu setzte sie sich so hin, daß ihr Kopf auf dem Sitz eines Sessels zu liegen kam, ihr Rücken sich an die Lehne schmiegte und ihre gekrümmten Beine sich zu mir hin öffneten, während ich mir den Schwanz rieb, um ihr meinen Samen ins Gesicht zu spritzen. Sodann legte ich ihr das Ei auf das Loch: sie fand Vergnügen daran, es in der tiefen Spalte hin und her zu bewegen. Und in dem Moment, da der Samen hervorschoß, zerbrachen die Hinterbacken das Ei, und die Lust überwältigte sie, während ich, mein Gesicht in ihren Arsch tauchend, in der überfließenden Schmutzlache verging. [Georges Bataille, ‚Die Geschichte des Auges‘ Das obszöne Werk, S. 11]


In einem alten Kinderverse kommt die Muhme Rehlen vor. Weil mir nun „Muhme“ nichts sagte, wurde dies Geschöpf für mich zu einem Geist: der Mummerehlen. Das Mißverstehen verstellte mir die Welt. Jedoch auf gute Art; es wies die Wege, die in ihr Inneres führten. Ein jeder Anstoß war ihm recht. So wollte der Zufall, daß in meinem Beisein einmal von Kupferstichen war gesprochen worden. Am Tag darauf steckte ich unterm Stuhl den Kopf hervor: das war ein „Kopf-verstich“. Wenn ich dabei mich und das Wort entstellte, tat ich nur, was ich tun mußte, um im Leben Fuß zu fassen. Beizeiten lernte ich es, in die Worte, die eigentlich Wolken waren, mich zu mummen. [Walter Benjamin, Berliner Kindheit um Neunzehnhundert, GS, IV, 1, S. 261]


Von da an durfte ich sie als geheilt betrachten. Sie bekundete ihre Freude, indem sie mir lange von vertraulichen Dingen sprach, obwohl sie gewöhnlich weder von sich noch von mir sprach. Lächelnd gestand sie mir, daß sie einen Augenblick zuvor große Lust gehabt habe, sich völlig zu erleichtern; sie hatte sich jedoch zurückgehalten, um so den Genuß noch zu verlängern. Tatsächlich spannte die Lust ihren Leib, sie fühlte ihren Arsch schwellen wie eine Knospe kurz vor dem Aufbrechen. Dann war meine Hand in ihrer Spalte; sie sagte mir, daß sie sich immer noch in demselben Zustand befinde, der unendlich angenehm sei. Und als ich sie fragte, woran sie bei dem Wort urinieren denken müsse, antwortete sie: Strahl, stechen, die Augen, mit einem Rasiermesser, an irgend etwas Rotes, die Sonne. Und bei Ei? An eine Kalbsauge, wegen der Farbe, und im übrigen sei daß Eiweiß das Weiße des Auges, und der Dotter die Pupille. Die Form des Auges, fand sie, gleiche der des Eies. Sie fragte mich, wann wir hinausgingen, um in der Sonne mit dem Revolver Eier in der Luft zu zerschießen. Das schien mir unmöglich; sie redete lange auf mich ein und führte viele komische Gründe dafür an. Vergnügt spielte sie mit den Worten, sagte bald: ein Auge zerbrechen, bald: ein Ei ausstechen, und brachte immer neue unhaltbare Gründe vor. [Georges Bataille, ‚Die Geschichte des Auges‘ Das obszöne Werk, S. 26]


Dies, indem Steins I/“eye“ (das nicht absolut, sondern „an eye“ ist) hinter der Materialität des Text verschwindet, für den Leser quasi ‚durchsichtig‘ wird, zu einer Art allsichtigem Emersonschen „transparent eyeball“. [Jutta Kirchner, Gertrude Steins ‚Namenssprache‘ in Tender Buttons]


Es gibt etwas, das Kafka mit Proust gemeinsam ist, und wer weiß, ob dieses etwas sich irgendwo sonst findet. Es handelt sich um ihren Gebrauch des ‚Ich‘. Wenn Proust in seiner recherche du temps perdu, Kafka in seinen Tagebüchern Ich sagt, so ist das bei beiden ein gleich transparentes, ein gläsernes. […] In diesen Schriftstellern nimmt das Subjekt die Schutzfärbung des Planeten an, der in den kommenden Katastrophen ergrauen wird. [Walter Benjamin, Ms 251, GS, II, 3]


Vor ihm sind die Menschen Puppen (ohne private Charaktere und Mucken), Puppen in der Macht der Gedankens. Nach dieser Idee dehnen sich die Knittelverse; als sprächen die Menschen so lange, bis der Sinn aus ihrer Sprache erstünde. [Walter Benjamin, Gedanken über Gerhart Hauptmanns Festspiel, GS, II, 1, S. 58]


Lewis spricht von Steins „attempt to use words as though […] their symbolism could be distorted or suppressed sufficiently to allow of a ‚fugue‘ being made out of a few thousand of them“ (Lewis 1957), ein Vergleich, der nicht als Lob gedacht war. [Jutta Kirchner, Gertrude Steins ‚Namenssprache‘ in Tender Buttons]


Reiner Name, nur sich selbst mitteilendes Sprachkunstwerk und damit Einheit, „entity“ statt „identity“ würde Steins Text sein wollen […] – wäre da nicht das Bewusstsein, doch nie mehr oder weniger als eine ‚Parodie‘ auf die Welt sein zu können. [Jutta Kirchner, Gertrude Steins ‚Namenssprache‘ in Tender Buttons]



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Bild und Forderung


„Es war im Sommer,“ so beginnt der Schlag ans Hoftor, „ein heißer Tag. Ich kam auf dem Nachhauseweg mit meiner Schwester an einem Hoftor vorüber. Ich weiß nicht, schlug sie aus Mutwillen ans Tor oder aus Zerstreutheit oder drohte sie nur mit der Faust und schlug gar nicht.“ Die bloße Möglichkeit des an der dritten Stelle erwähnten Vorgangs läßt die vorangehenden, die zunächst harmlos erschienen, in ein anderes Licht treten. [Walter Benjamin, Franz Kafka, Ein Lesebuch, (Frankfurt am Mein: Suhrkamp Verlag, 1996), (Mängelexemplar), SS. 241, 242, Kafka, Schlag ans Hoftor]


Kein Dichter hat das „Du sollst Dir kein Bildnis machen“ so genau befolgt. [Walter Benjamin, Franz Kafka, 241]



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Queer


Beliebig ist ein Ding mit allen seinen Eigenschaften, von denen jedoch keine eine Differenz erzeugt… [Giorgio Agamben, Die kommende Gemeinschaft, (Berlin: Merve Verlag, 2005), S. 23]


Eventually the woman emerged and lay down on the grass, while the mare disported herself in the river water. Whether it was the grass or the river didn´t much matter. But what was it then that the two had in common? An observer might have said that they were both beautiful. An observer might have added that they were both desirable. But would he have noted that they liked one another? [Suniti Namjoshi, ´By the River. For Virginia Woolf´ Saint Suniti and the Dragon (London: Virago Press Limited, 1994), S. 86]



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Parallelisms


For Husserl, however, the transcendental merely parallels and reveals the constitutive features of a world, which only in a transcendental illusion appears separate from these processes of its transcendental constitution. [Joanna Hodge, Derrida on Time, (London; New York: Routledge, 2007), S. XXX]


Wie die Tangente den Kreis flüchtig und nur in einem Punkte berührt und wie ihr wohl diese Berührung, nicht aber der Punkt, das Gesetz vorschreibt, nach dem sie weiter ins Unendliche ihre gerade Bahn zieht… [Walter Benjamin, Die Aufgabe des Übersetzers, Ein Lesebuch, S. XXX]


Given a circle and a line tangent to it there exists a conformal [1] transformation of the plane which sends the point of tangency to the infinite point, and the circle and tangent line to two parallels lines. [1.] Conformal transformation = a transformation which preserves angles. [Katrin Shaw, www.My-Space.com]



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Linie


Derart ist auch der philosophische Lehrsatz des Mittelalters zu verstehen, dem zufolge der Übergang von der Potenz zum Akt, von der gemeinsamen Form zur Singularität kein ein für allemal abgeschlossenes Ereignis ist, sondern eine unendliche Reihe modaler Oszillationen. Die Individuierung einer singulären Existenz ist kein punktuelles Faktum, sondern eine linea generationis substantiae, die beständig zwischen Anwachsen und Nachlassen, zwischen Aneignung und Uneigentlichkeit schwankt. [Giorgio Agamben, Die kommende Gemeinschaft, S. 24]


Diese Abstufung, die im Inneren des geistigen Wesens selbst stattfindet, läßt sich unter keine obere Kategorie mehr fassen, sie führt daher auf die Abstufung aller geistigen wie sprachlichen Wesen nach Existenzgraden oder nach Seinsgraden, wie sie bezüglich der geistigen schon die Scholastik gewohnt war. [Walter Benjamin, Über die Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen, Ein Lesebuch, SS. 32, 33]


...Im Namen teilt das geistige Wesen des Menschen sich Gott mit. [Walter Benjamin, Über die Sprache überhaupt und über die Sprache des Menschen, S 30]


Die Gestalt der Linie ist keinesfalls zufällig. Man denke an die Linie, die der Schreibende zieht… [Giorgio Agamben, Die kommende Gemeinschaft, SS. 23, 24]


Its exposed failing is its own proper touch, its honour and its grace… [Jean-Luc Nancy, The Muses, (Stanford: Stanford University Press, 1996), SS. 72, 73]


Man denke an Dostojewskijs Idioten, den Fürsten Myschkin, der mühelos jedwede Schrift nachahmen und in fremden Namen unterschreiben kann (“Abt Pafnutij hat dies in Demut mit eigener Hand unterzeichnet”): in seiner Kalligraphie werden das besondere und das Gattungsspezifische ununterscheidbar. Und eben das ist “Idiotie”, d.h. die Eigenheit des Beliebigen. Der Übergang von der Potenz zum Akt, von der Sprache zum gesprochenen Wort, vom Gemeinsamen zum Eigenen folgt der Bahn einer vielsinnigen, flimmernden Linie, in der allgemeine Natur und Singularität, Potenz und Akt ineinander umschlagen und sich gegenseitig durchdringen. Das Sein, das auf dieser Linie entsteht, ist das beliebige Sein und die Weise, auf die es vom Gemeinsamen zum Eigenen und vom Eigenen zum Gemeinsamen übergeht, nennt man Gebrauch – oder auch ethos. [Giorgio Agamben, Die kommende Gemeinschaft, SS. 24, 25, Dostojewskij, Idioten]



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Pferde und Fahrräder


Io vado verso il fiume su un cavallo


che quando io penso un poco un poco egli si ferma.



Ich reit´ auf einem Pferd zum Strom


das, denk´ ich eine Weile, eine Weile hält.



Das Pferd, auf dem der Dichter reitet, ist, einer alten Auslegungstradition der Apokalypse des Johannes zufolge, das klangliche und stimmliche Element der Sprache. [Giorgio Agamben, Idee der Prosa, (Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 2003), S. 25, Penna]


Auf einem solchen Pferd in Schlaf gesunken – durmen sus un chivau –, habe er, sagt zu Beginn der romanischen Dichtung Wilhelm von Aquitanien, seinen vers gedichtet; und ein sicheres Indiz für die beharrliche Symbolik des Bildes findet sich Anfang des Jahrhunderts bei Pascoli (und später bei Delfini und wiederum bei Penna), wo das Pferd die heitere Gestalt eines Fahrrads annimmt. [Giorgio Agamben, Idee der Prosa, 25]


Anima mia, fa' in fretta.


Ti presto la bicicletta,


ma corri. [Giorgio Caproni, Ultima Preghiera]



Anima mia, leggera


va' a Livorno, ti prego.


E con la tua candela


timida di nottetempo


fa' un giro; e, se n'hai il tempo,


perlustra e scruta e scrivi


se per caso Anna Picchi


è ancor viva tra i vivi. [Giorgio Caproni, Preghiera]



Das Tempo aber, jene Schnelligkeit im Lesen oder Schreiben… [Walter Benjamin, Lehre vom Ähnlichen, Ein Lesebuch, S. 63]


Anima mia, fa' in fretta.


Ti presto la bicicletta,


ma corri. E con la gente


(ti prego, sii prudente)


non ti fermare a parlare


smettendo di pedalare.



Arriverai a Livorno,


vedrai, prima di giorno. [Giorgio Caproni, Ultima Preghiera]



…Fa' un giro; e, se n'hai il tempo,


perlustra e scruta e scrivi


se per caso Anna Picchi


è ancor viva tra i vivi. [Giorgio Caproni, Preghiera]



Sie bietet sich dem Auge ebenso flüchtig, vorübergehend wie eine Gestirnkonstellation. Die Wahrnehmung von Ähnlichkeit also scheint an ein Zeitmoment gebunden. [Walter Benjamin, Lehre vom Ähnlichen, S. 60]


Das wahre Bild der Vergangenheit huscht vorbei… [Walter Benjamin, Über den Begriff der Geschichte, Ein Lesebuch, S. 667]


Wenn man doch ein Indianer wäre, gleich bereit, und auf dem rennenden Pferde, schief in der Luft, immer wieder kurz erzitterte über dem zitternden Boden, bis man die Sporen ließ, denn es gab keine Sporen, bis man die Zügel wegwarf, denn es gab keine Zügel, und kaum das Land vor sich als glatt gemähte Heide sah, schon ohne Pferdehals und Pferdekopf. [Walter Benjamin, Franz Kafka, 229, 230, Kafka]


Interessant ist der Vergleich dieser beiden Wjatka-Puppen. Das Pferd, das auf dem einen Modell noch sichtbar ist, ist auf dem nebenstehenden schon mit dem Manne verschmolzen. [Walter Benjamin, Ms. 617, GS, IV, 2, 624, Abbildung 29]


Kafka aber hat das Gesetz der seinen [leeren fröhlichen Fahrt] gefunden; ein einziges Mal zumindest, als es ihm glückte, ihre atemraubende Schnelligkeit einem epischen Paßschritt anzugleichen, wie er ihn wohl sein Lebtag gesucht hat. Er hat es einer Niederschrift anvertraut… [Walter Benjamin, Franz Kafka, 250]


Seine Sprache ist die befreite Prosa, die die Fesseln der Schrift gesprengt hat. [Walter Benjamin, Ms 470, GS I, 3, S. 1238]



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Übersetzung


dē-sīderō 1 (dē; sīdus; eigtl. „von den Sternen erwarten“; cf. cōnsīderō) 1. sich sehnen nach, begehren; 2. a) vermissen, entbehren; b) verlieren; P. verloren gehen. [Langenscheidts Taschenwörterbuch Lateinisch-Deutsch]


"Die Hoffnung fuhr wie ein Stern, der vom Himmel fällt, über ihre Häupter weg." [Walter Benjamin, Goethes Wahlverwandtschaften, GS, I, 1, S. 200, Goethe, Wahlverwandtschaften]



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Opinions


Kritik ist eine Sache des rechten Abstands. [Walter Benjamin, Einbahnstraße, GS, IV, 1, S. 131]


Différance. [Jacques Derrida]



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Lichter und Lichter


Bei Karr findet sich eine rationalistische Theorie der Mode, die denkbar nahe der rationalistischen Theorie vom Ursprung der Religionen verwandt ist. Den Anstoß zur Entstehung langer Röcke denkt er sich so, daß gewisse Frauen Interesse daran gehabt hätten, einen haßlichen zu verbergen. Oder er denunziert als Ursprung gewisser Hutformen und Frisuren den Wunsch, einen spärlichen Haarwuchs zu beschönigen. [Walter Benjamin, das Passagenwerk, GS, V, 1, Fragment B 1, 7, S. 111]


Aber bei alledem fehlt uns vollkommen die Achtung vor dem Sozialen. Sie lächeln; ich weiß, daß ich ein Paradoxon ausspreche. Wenn ich das sage, so meine ich, daß unsere soziale Tätigkeit, so streng sie sein mag, an einem krankt: sie hat ihren metaphysischen Ernst verloren. Sie ist eine Sache der öffentlichen Ordnung und der persönlichen Wohlanständigkeit geworden. Fast allen denen, die sich sozial betätigen, ist das nur eine Sache der Zivilisation, wie das elektrische Licht. [Walter Benjamin, Dialog über die Religiosität der Gegenwart, GS II, 1, S. 19]



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Die Windorose des Erfolges


Franz Kafka, indeed, "regarded his efforts as failure;" [1] "Kafka insists on his failure;" [2] "one should never lose sight of one thing: it is the figure of a failure;" [3] "insight into his work is, among other things, bound up with the simple realisation that he failed" . . . [4] . . . "the inevitable failure;" [5] "perhaps one might say that once he was sure of ultimate failure, then everything on the way to it succeeded for him as if in a dream." [6] [7] Schlemihl failed, [8] Baudelaire also failed. [1.] Benjamin, W. 'Franz Kafka', in Selected Writings, Volume 2, 1927-1934, (Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 1999), p. 808. [2.] Benjamin, W. 'Letter to Gershom Scholem on Franz Kafka', in Selected Writings, Volume 3, (1935-1938), (Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 2002), p. 327. [3.] Ibid. [4.] Benjamin, W. The Correspondence of Walter Benjamin, 1910-1940, (Chicago, London: The University of Chicago Press, 1994), p. 449. [5.] Ibid, p. 463. [6.] Benjamin, W. 'Letter to Gershom Scholem on Franz Kafka', p. 327. [7.] Wizisla, E. Marx, U. Schwarz, G. Schwarz, M. Walter Benjamin Archive. Bilder, Texte, Zeichen, (Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 2006), p. 194, (GS IV-1, S.405 f.). [8.] Cfr. Benjamin, W. ´On Some Motifs in Baudelaire´, in Selected Writing, Volume 4, 1938-1940, (Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press, 2003). [Autori Vari]


Sappho und Tasso scheitern am Leben – konkreter gesagt vor allem an Menschen aus dem gewöhnlichen Leben, die durchaus nicht dem reizbaren und seiner Umwelt gegenüber anspruchsvollen Genie gerecht werden. [Walter Benjamin, Kann von Grillparzers “Sappho” gesagt werden, daß der Dichter “mit Goethes Kalbe gepflügt” hat?, GS, VII, 2, S. 533]



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Züge und zugänglich


Nun wissen wir, daß Unklarheit kein Vorwurf ist, daß noch niemand, der Ernstes wollte, ein Programm für die Neugierigen und die Skeptiker bereit hatte. [Walter Benjamin, Gedanken über Gerhart Hauptmanns Festspiel, GS, II, 1, S. 59]


„Benjamin and the virtual: the Expression-less“. It is difficult to be sympathetic to a text that is so contemptuous of the reader with its lengthy passages in German, unclear argumentation and extremely awkward forms of expression. It seems obvious that the piece has been written by someone whose first language is not English (no doubt German, thereby making a virtue of necessity with the lengthy German quotations). Detailed editing (as exemplified by notes in red on first page) would be needed to give the piece any hope of being given a decent hearing. Key literatures on the virtual are not addressed, so that the characterisations of the relationship between deconstruction and the virtual seem to be highly debatable. The submission does not follow the MLA referencing style. I thus recommend declining the submission. [Report, Transformations, 2007]


Bleiben Sie nur weiter der mathematischen Theorie der Wahrheit (und vielleicht auch mir) so zugänglich, so soll es mich nichts angehen ob Sie andern unzugänglich scheinen. [Walter Benjamin an Gershom Scholem, 1. Februar 1918]




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Der neue Advokat


Was bedeuten die Forderungen: „was geschrieben werden muß, schreiben“ [1] und „was nie geschrieben wurde, lesen“ [2]? Wenn die Sprache eines gesetzlichen Anspruchs besteht, ist nichtsdestoweniger Gehört-zu-werden revolutionär und Zuhören messianisch. Zwischen Sprechen und Zuhören, Schreiben und Lesen, gibt es eine Spaltung. Was geschrieben werden muß, schreiben, und was nie geschrieben wurde, lesen, weisen ein Schreiben, das sich nicht zum Lesen sondern zum Schreiben, und ein Lesen, das sich nicht zum Schreiben sondern zum Lesen verhält. Die paradoxe Forderung (das keine dekonstruktionistische Aufgabe ist) bringt das-Schreiben-zu-schreiben und das-Lesen-zu-lesen statt des gewöhnlicheren das-Schreiben-zu-lesen (bei einfacher Wahrnehmung) und das-Lesen-zu-schreiben (bei transzendentaler Kritik) mit. Also gibt es keine Anwendung (sei es konstruktionistisch, sei es dekonstruktionistisch) des Schreiben auf das Lesen oder des Lesen auf das Schreiben. Die Mitteilungsfunktion der Sprache gründet sich auf das unmittelbare, ausdrucksvolle Element und nur daher wird die Sprache mitteilsam. Nur weil es die Möglichkeit, das Hören zu hören, das Lesen zu lesen, das Schreiben zu schreiben und das Sprechen zu sprechen gibt, kann man auch das Sprechen zu hören, das Schreiben zu lesen, das Lesen zu schreiben und das Hören zu sprechen. Die erste Klasse ist nicht transzendental (wie Dekonstruktion gelehrt hat, gibt es Transzendentale nur insofern als Lesen und Schreiben oder Sprechen und Hören miteinander wirken. Also muß das-Lesen-zu-lesen als die transzendentale Möglichkeit des Lesen nicht verstanden werden; daß das Lesen-zu-lesen und das Schreiben-zu-schreiben „im Ernstfall sein könnten, was sie angeben, schaltet aus dem Bereich der Möglichkeit aus“ [3]), sondern messianisch und revolutionär. Wo Schreiben vom Lesen, Lesen vom Schreiben mehr denn je abhängt, wo sie mehr denn je weiter entfernt einander liegen, hängt die Mitteilungsfunktion von einem äußeren Faktor (die Bedeutung), statt vom inneren (vom mimetischen Vermögen). Nur wo das Lesen gelesen und das Schreiben geschrieben wird, gibt es etwas daß Lesen mit Schreiben gemeinsam ist. Das mimetische Vermögen, Tempo, ist ihre innere (messianische und revolutionäre) Gemeinsamkeit. Für den gegenwärtigen und gefährlichen Zustand Achtung zu tragen, bedeutet dem Schriftsteller sich mit der Möglichkeit nicht zu schreiben zu versöhnen. Sein unrechtmäßiger (aber messianischer) Auftrag (endgültig behandelt man nur eine Forderung) besteht des Anerkennen des Tempos im Lesen und Schreiben, besteht darin, das Schrift zu erlösen (vergleiche: der Schreiber, der liest und schreibt, ohne die Gelegenheit zu bieten, solche Tätigkeit als Schreiben und Lesen zu bestimmen. Für ihm, wie Benjamin bemerkte, als er sich auf den Tao im Kafkas Essay bezieht, ist das Schreiben und Lesen ein wirkliches Schreiben und Lesen „und gleichzeitig auch ein Nichts“ [4]). Daher sind solche Lesen und Zuhören vor der Sprache, die spricht, die schreibt, messianisch und revolutionär, denn sie überschreiten nicht äußerlich ihren Abstand von der Sprache, sondern sie suchen innerlich das mimetische Tempo, um die Stimme zu befreien. Nur wenn die Passivität des Zuhören und Lesen soweit verbreitet wird, daß sie auch Schreiben und Sprechen einschließt, nur wenn eine Art Passivität (d.h. Ausdrucks) ihnen (und ihrem Mitteilungsfunktion) zurückgegeben wird, ohne sie in der Seite Zuhören/Lesen der trügerischen Differenz zwischen Sprechen/Schreiben und Zuhören/Lesen verbannen, könnte vielleicht ein Schriftsteller wieder schreiben. Vorläufig sollte er zumindest die Forderung zu lesen erwidern. Schreiben kommt später, Schreiben kommt nicht. [1.] Sogar Derrida: I write what must be written. Cfr. Derrida. [2.] Walter Benjamin, ‘Über das mimetische Vermögen’, Ein Lesebuch, S. 67. [3.] Walter Benjamin, Franz Kafka, SS. 235, 236. [4.] Kafka in Walter Benjamin, Franz Kafka, S. 248. [Francesco Merlin, ‚Notiz‘ Aus meinem Tagebuch]


A reporter: „Why don’t you speak the way you write?“ Gertrude Stein: „Why don’t you read the way I write?“ [Interview to Gertrude Stein, 1934]



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Der Dekonstruktiontourist


Den Gläubigen im Tempel – oder den Pilgern, die von Tempel zu Tempel oder von Wallfahrtsort zu Wallfahrtsort durchs Land zogen – entsprechen heute die Touristen, die rastlos durch eine zum Museum verfremdete Welt reisen… Wenn die Christen „Pilger“, das heißt Fremdlinge auf Erden waren, weil sie wußten, daß ihre wahre Heimat im Himmel war, so haben die Anhänger des neuen kapitalistischen Kultus keine Heimat, weil sie in der reinen Form der Absonderung verharren. [Giorgio Agamben, Profanierungen, (Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 2005), SS. 82, 83]


Dann können wir sagen, daß der Kapitalismus, indem er eine schon dem Christentum innewohnende Tendenz bis zum Äußersten treibt, die Struktur der Absonderung, die jede Religion bestimmt, in alle Bereiche hinein verallgemeinert und absolut macht. Wo das Opfer den Übergang vom Profanen zum Heiligen und vom Heiligen zum Profanen markierte, vollzieht sich jetzt ein einziger, vielgestaltiger, unaufhörlicher Absonderungsprozeß, der jedes Ding, jeden Ort, jede menschliche Tätigkeit einbegreift, um sie von sich selbst zu trennen, und der an der Zäsur heilig/profan, göttlich/menschlich überhaupt nicht interessiert ist. [Giorgio Agamben, Profanierungen, S. 79]


Am Ende kommen Touristen. [Regie: R. Thalheim, Deutschland, 2007]


Die Dekonstruktion ist ein blockiert Messianismus, eine Suspendierung des messianischen Themas. [Giorgio Agamben, Die Zeit, die bliebt, (Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 2006), S. 117]


In der extremsten Form verwirklicht die kapitalistische Religion die reine Form der Absonderung, ohne noch etwas abzusondern zu haben. [Giorgio Agamben, Profanierungen, S. 79]



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Theologisch-Natürliche Bewerbung


„Kennen Sie Christo?“ So ist eine samstägliche Stellenanzeige in dieser Zeitung überschrieben. Aktueller geht’s nicht: Ein Unternehmen sucht einen Verpackungsingenieur. Verpackt wird der Berliner Reichstag freilich nicht, er wird verhüllt – [Günther, „Christos Kunst ist nichts ohne schnöde technische Arbeit“ Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.06.1995]


Ein gigantisches Spielzeug, sage ich. [Maron, ‚Ein gigantisches Spielzeug‘ Der Spiegel, 03.07.1995]


Der Personalchef streckte sich in die Höhe und sagte zu den Burschen: „Sie sind Ingenieure?“ Da senkten sie alle langsam die Hände, Karl dagegen bestand auf seiner ersten Meldung. Der Personalchef sah ihn zwar ungläubig an, denn Karl schien ihm zu kläglich angezogen und auch zu jung, um Ingenieur sein zu können… Der Leiter wandte sich mit offenem Mund gegen den Schreiber, dieser aber machte eine abschließende Handbewegung, sagte „Aufgenommen“ und trug auch gleich die Entscheidung ins Buch ein… [Franz Kafka, Amerika]


Karl Roßmann, die dritte und glücklichere Inkarnation des K.. [Walter Benjamin, Franz Kafka, S. 230]



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Some Like It Hot


Die Wüste wächst: weh Dem, der Wüsten birgt! [Friedrich Nietzsche, Unter Töchtern der Wüste, Also sprach Zarathustra, (München: Dtv, 1966)]


Il y va d'un certain pas [it involves a certain step/not; he goes along at a certain pace]. [Jacques Derrida, Aporias, (Stanford: Stanford University Press, 1993), S. 6]


So sitze ich hier, ihr
Allerliebsten Freundinnen,
Und sehe der Palme zu,
Wie sie, einer Tänzerin gleich,
Sich biegt und schmiegt und in der Hüfte wiegt,
- man thut es mit, sieht man lange zu!
Einer Tänzerin gleich, die, wie mir scheinen will,
Zu lange schon, gefährlich lange
Immer, immer nur auf Einem Beine stand?
- da vergass sie darob, wie mir scheinen will,
Das andre Bein?
[Friedrich Nietzsche, Unter Töchtern der Wüste, Also sprach Zarathustra]


Il y va d'un certain pas [it involves a certain step/not; he goes along at a certain pace]. [Jacques Derrida, Aporias, (Stanford: Stanford University Press, 1993), S. 6]


Sie hat es verloren!
Es ist dahin!
Auf ewig dahin!
Das andre Bein!
Oh schade um dieses liebliche andre Bein!
Wo - mag es wohl weilen und verlassen trauern?
Das einsame Bein?
[Friedrich Nietzsche, Unter Töchtern der Wüste, Also sprach Zarathustra]


Il y va d'un certain pas [it involves a certain step/not; he goes along at a certain pace]. [Jacques Derrida, Aporias, (Stanford: Stanford University Press, 1993), S. 6]


Die Wüste wächst: weh Dem, der Wüsten birgt! [Friedrich Nietzsche, Unter Töchtern der Wüste, Also sprach Zarathustra]


Es gibt eine Gliederung der Differenz innerhalb der Differenz. Wenn Dekonstruktion ist ihre äußere Gliederung, die bis zum Äußersten die Differenz in die unmögliche Dialektik des Aporias (nach dem Nietzsches impasse) führt, gibt es doch eine innere Dialektik, die das un/mögliche Zusammentreffen (kaum zusammenzutreffen) und Er/lösung nicht sucht, sondern in dem fast der Aufhebung einnistet. Wenn Dekonstruktion stellt das Aporia der dialektischen Aufhebung (und des transzendentalen/wirklichen Beziehung damit) mit einer äußeren Bewegung, darstellt ein dialektisches Bild den fast des messianischen Abstands zwischen theologischen und profanen. Die schwache Kraft, die uns mitgegeben ist, nistet in solchem fast ein. Die Er/lösung darf nicht er/löst zu werden, damit sie Er/lösung wird (bei dem Ver/schiebung der Gliederungen bis zum Äußersten), sondern ihr verschwindender Punkt (d.h. der unendliche Punkt des fast) wenn nicht die Erlösung die Hoffnung darauf, erlöst zu werden, veranlaßt. Die Wirkung des komischen Effekts nimmt oft seine Kraft diesem messianischen Vermögen. Er taucht im letzten Stichwort von Some Like It Hot auf. Die Beziehung zwischen dem Transzendentalen und der Wirklichkeit bekommt eine glänzende Parodie, wo sie ideelle Wahrnehmung und Realität endgültig absondert. Die Realität ist zu vielfältig und gestaltlos um in solcher ideellen Gestalt eingegliedert zu werden. [1] Zugleich wird die Differenz Mann-Weib (und ihre transzendentalen und wirklichen Bestimmungen dabei) bis zum Äußersten der Enthüllung aufgebracht. Wo die Wirklichkeit trifft das Transzendentale, scheitert die Transzendentale doch am Aufgabe der Aufhebung. Aber solche Unfähigkeit, Unzusammentreffung, Unaufheblichkeit kommt aus keinem äußerer Gliederung, sondern aus einem weiterem Begriff (dem Vollkommenheit), der in das fast des nicht-Zusammentreffens eintritt. Als Parodie des Grenzbegriff, übt sie die Funktion der Idee in der theoretischen Vernunft bei Kant aus, aber, statt es, was es geben muß, zu bestimmen, wie bei Kant (oder in der Aufhebung bei Hegel was es gibt, oder noch aporetisch bei Derrida was sein un/möchte), bestimmt sie es, soweit sie eine Parodie ist (und Parodie könnte die mimetische, das Tempo des fast in der inneren Gliederung der Differenz sein), was es trotz alledem gibt, keine Erlösung, sondern die Hoffnung auf die Erlösung. [1.] „ICH: …Es waltet ein tragikomisches Gesetz darin, daß in dem Augenblick, wo wir uns der Antinomie des Geistes mit Kant, Fichte und Hegel bewußt wurden, die Natur in ihrer unermeßlichen Gegenständlichkeit sich auftat.“ (Walter Benjamin, Dialog über die Religiosität der Gegenwart, GS, II, 1, S. 24). Die Reichweite und die Erfolge der Armut des Begriffs von Wirklichkeit bei Kant wurde schon gründlich als der Begriff der Erfahrung in Über das Programm der kommenden Philosophie entwickelt. Eine neue Zusammenfassung taucht in den ersten Seiten von Goethes Wahlverwandtschaften wieder auf. Benjamins Angriff „durchstieß“ den Begriff „ohne ihn zu vernichten.“ (Sehe Ms 673, S. 27, GS, II, 3, S. 902). Die Hauptsache im Über das Programm der kommenden Philosophie ist, daß die Kritik Lehre werden sollte. Die Eintritt des sprachlichen Motivs ist die wichtigste Forderung an die kommende Philosophie. (Sehe GS, II, 1, SS. 167, 168). [Francesco Merlin, ‚Notiz‘ Aus meinem Tagebuch]


Jerry: „I’m a man!“ Osgood: „Well, nobody’s perfect.“ [Some like it hot, directed by Billy Wilder, 1959]



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It’s all an effort to render paper to the words



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Maultiere


Eine Generation will wieder am Scheidewege stehen, aber nirgends ist die Wegscheide. [Walter Benjamin, Die religiöse Stellung der neuen Jugend, GS, II, 1, S. 72]


Kein Ding, keinen Menschen darf sie [die Jugend] verwerfen, denn in jedem (in der Litfaßsäuln und im Verbrecher) kann das Symbol oder der Heilige erstehen. [Walter Benjamin, Die religiöse Stellung der neuen Jugend, GS, II, 1, S. 72]


Ho fatto un mucchio di sciocchezze per entrare in Paradiso e adesso eccomi in questa specie di inferno a chiedermi che cosa succederà. Non piango sul passato, ma vorrei sapere se è giusto che i muli debbano crepare ai bivi, in un’Africa così grande. [Ennio Flaiano, Tempo d’uccidere, Rizzoli, Milano, 1991, p. 213]


Gegen ihre Feinde ficht sie [die Jugend] in einer Tarnknappe. [Walter Benjamin, Die religiöse Stellung der neuen Jugend, GS, II, 1, S. 72]



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Nur um Hoffnungslosen willen


„Glück, das Neid in uns erwecken könnte, gibt es nur in der Luft, die wir geatmet haben, mit Menschen, zu denen wir hätten reden, mit Frauen, die sich uns hätten geben können.“ [1] – „Streift denn nicht uns selber ein Hauch der Luft, die um die Früheren gewesen ist? Ist nicht in Stimmen, denen wir unser Ohr schenken, ein Echo von nun verstummten? Haben die Frauen, die wir umwerben, nicht Schwestern, die sie nicht mehr gekannt haben?“ [2] Was bedeutet den ersten Satz zu lesen des zweiten Satzes Meinung nach (oder zumindest ihre strenge Beziehung anerkennend)? Wenn Glück, das Neid in uns erwecken könnte, gibt es nur in der Luft, die wir geatmet haben, hängt es nicht davon ab, daß es in solcher Luft ein Echo nun verstummter Stimmen gibt? Die möglichen Folgen dieser Interpretation sind bedeutungsvoll. Es bedeutet daß die Möglichkeit, den ersten Satz zu lesen, als ob es die Wirklichkeit anders wollen einschlöße, erlöscht werden muß. Sondern es teilt eine andere Wirklichkeit wollen mit. Die Unmöglichkeit einer Verabredung tritt in den Vordergrund über die Möglichkeit davon, was es hätte geben können. Es gibt einen tiefen Unterschied zwischen – die Möglichkeit einer Verabredung mit einem vergangenen Geschlecht als die Möglichkeit einer Verabredung mit jemandem, der eine Rolle im Verlauf unseres eigenen Daseins spielte – und die Möglichkeit einer Verabredung mit jemandem, der eine Rolle im Verlauf unseres eigenen Daseins spielte als die Möglichkeit einer Verabredung mit einem vergangenen Geschlecht – zu verstehen. „Ist dem so, dann besteht eine geheime Verabredung zwischen den gewesenen Geschlechtern und unserem. Dann sind wir auf der Erde erwartet worden. Dann ist uns wie jedem Geschlecht, das vor uns war, eine schwache messianische Kraft mitgegeben, an welche die Vergangenheit Anspruch hat.“ [3] Obwohl beide Auslesungen sich zu einer vergangenen Möglichkeit verhalten, also zur Unmöglichkeit, gesetzt den Fall, daß die Gelegenheit nicht geschah, verhält sich die erste zu einer Art Möglichkeit, die auch den Zukunft weist (die Möglichkeit, daß etwas passiert können hätte, und daß etwas passieren könnte), die zweite doch nur zur Unmöglichkeit. Hier entsteht der Unterschied zwischen Begehr und Hoffnung. Man denke an die Spes von Pisano in Florenz, von der Benjamin spricht. [4] Die tätlichen Möglichkeiten (die Flügel) sind nur Hindernisse zum Zweck. Der Begriff von Möglichkeit kann weder als Transzendentale noch als Element in der Ursache/Wirkung- noch Potenz/Akt-Beziehung interpretiert werden. Wenn Benjamin darüber an Kafkas Schauspieler denkend schreibt, lautete es: „Daß sie im Ernstfall sein könnten, was sie angeben, schaltet aus dem Bereich der Möglichkeit aus.“ [5] Der Raum des Begriffs von Möglichkeit, ein Raum, der Zeit-Raum wird, sich in den des Begriffs von Hoffnung verwandelt. Eine andere Frage steht hier im Zusammenhang damit. Gibt es eine Beziehung zwischen Vor- und Darstellung? (Vergleiche den Begriff von Darstellung in der Vorrede zum Ursprung des deutschen Trauerspiels). Zwischen Vorstellen und Darstellen? Gibt es eine Darstellungsvermögen, die sich zum Vorstellungsvermögen verhält? Sollte man, statt eines Darstellungsvermögens, eine Einbildungskraft andeuten? In diesem Fall, gäbe es kein Vermögen, sondern eine Kraft der Darstellung, welche der Einbildungskraft gemeinsam wäre. Der Trieb, statt als Vermögen, d.h. als eine Transzendentale oder Intentio zu wirken, würde als eine Kraft bestimmt. Darum schrieb Benjamin in 1921: „Die Ordnung des Profanen hat sich aufzurichten an der Idee des Glücks. Die Beziehung dieser Ordnung auf das Messianische ist eines der wesentlichen Lehrstücke der Geschichtsphilosophie. (…) Wenn eine Pfeilrichtung das Ziel, in welchem die Dynamis des Profanen wirkt, bezeichnet, eine andere die Richtung der messianischen Intensität, so strebt freilich das Glückssuchen der freien Menschheit von jener messianischen Richtung fort, aber wie eine Kraft durch ihren Weg eine andere auf entgegengesetzt gerichtetem Wege zu befördern vermag, so auch die profane Ordnung des Profanen das Kommen des messianischen Reiches.“ [6] Die Widerwirkung der Darstellungskraft wäre das Kommen des messianisches Reich. Wenn das Vorstellungsvermögen die Wirklichkeit ändern könnte, will die Darstellungskraft eine andre Wirklichkeit; sie kann nicht die verursachen und bewirken, aber kann solche wollen, darauf hoffen und, bis zu einem gewissen Grade, sie begehren. Zwei wichtige und wunderschone Goethes Äußerungen müssen umgekehrt werden. „Ach, du warst in abgelegten Zeiten / Meine Schwester oder meine Frau.“ [7] „Die Hoffnung fuhr wie ein Stern, der vom Himmel fällt, über ihre Häupter weg.“ [8] Wenn Goethe Hoffnung als Begehren liest (und er folgt buchstäblich die Übersetzung von dem lateinischen desidero [9]) und sich zu seiner Geliebte als zur Frau, die seine Frau in der Vergangenheit hätte sein können, verhält, der Hauptpunkt ist genau gegensätzlich: Begehren als Hoffnung zu lesen (und damit den letzten Satz von Goethes Wahlverwandtschaften als „Nur um der Begehrslosen [statt Hoffnungslosen] willen ist uns die Hoffnung gegeben“ [10] zu interpretieren) und sich zur Frau, die einmal gelebt hat, als zu seiner eigenen Frau zu verhalten. Also würde der Trieb einem Ziel, einem Objekt eingerichtet, das das Gedächtnis wäre. Andersfall wäre der Trieb zur endlosen Zukunft gerichtet und wollte, sondern eine andere Wirklichkeit, die Wirklichkeit anders, die Wirklichkeit zu ändern. Wenn die Vorstellung in das Unendliche richtet, strebt die Darstellung aber nach Vergangenheit an. Es gibt ein Vermögen, sich die Zukunft vorzustellen, und eine Kraft, die Vergangenheit zu darstellen. Vergangenheit und Zukunft bedeuten doch nicht, was vorbei und künftig ist, sondern beziehungsweise die erste was man erstrebt und auf den hofft, die zweite was sein könnte. Doch ist das nicht total richtig und auch die Zukunft kann als Vergangenheit verstanden werden. In adern Worten: was Vergangenheit mit Zukunft gemeinsam ist, darstellt eine Verwandlung im Kern. Um den Begriff Hoffnung herum gibt es weder eine notwendige Beziehung zwischen Vergangenheit/Zukunft und ihre Möglichkeit, noch ihre eigene Zeitung um den Begriff Möglichkeit herum. Also ist die Frage: wenn Zeit letztens von Möglichkeit (man denke an sie als Transzendentale, Potenz, Ursache, différance ebenso) bestimmt worden ist, was passiert, wenn jedoch Zeit von Hoffnung gezeitigt wird? Zum Schluß: Desire and hope. Desire always lost in abandon, the line of the hand run out of the palm. Hope though. Great differences do not exist. It’s always a matter of details and that’s why it’s also a matter of memory. [1.] Walter Benjamin, Über den Begriff der Geschichte, II, GS, I, 2, SS. XXX. [2.] Ibidem. [3.] Ibidem. [4.] Walter Benjamin, Einbahnstraße, GS, X, X, S. XXX. [5.] Walter Benjamin, Franz Kafka, Ein Lesebuch, SS. 235, 236. [6.] Walter Benjamin, Theologisch-Politisches Fragment, GS, II, 1, SS. 203, 204. [7.] Walter Benjamin, Über einige Motive bei Baudelaire, GS, I, 2, S. XXX, Goethe. [8.] Walter Benjamin, Goethes Wahlverwandtschaften, GS, I, 1, S. 200, Goethe, Wahlverwandtschaften. [9.] Vergleiche das Langenscheidts Taschenwörterbuch Lateinisch-Deutsch. [10.] Walter Benjamin, Goethes Wahlverwandtschaften GS, I, 1, S. 201. [Francesco Merlin, ‚Notiz‘ Aus meinem Tagebuch]



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Glück


Cocteau hat gesehen, was jeden Leser Prousts im höchsten Grade beschäftigen sollte: er sah das blinde, unsinnige und besessene Glücksverlangen in diesem Menschen. Es leuchtete aus seinen Blicken. Die waren nicht glücklich. Aber in ihnen saß das Glück wie im Spiel oder in der Liebe. [Walter Benjamin, Zum Bilde Prousts, Ein Lesebuch, S. 167]


Da ist ein Maler: Konrad Witz, seine Menschen sind alle wie Kinder in Kostümen Erwachsener (von jenem unglücklich-sprechenden Ausdruck der Bauernkinder, die in der Trachten der Alten stecken). Er malt einen unsäglich glücklichen Johannes, der doch von seinem Glück garnichts weiß: in sich hinein lächelnd wie ein spielendes Kind. Und ein Christoforus vom albernesten Lächeln, der einen kugelrunden kleinen Christus voll ebenso ausdruckslosen, aber gründlichem unbewußten Ernstes trägt. [Walter Benjamin an Franz Sachs, Freiburg, 11.7.1913]



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Data


Doch eines Morgens weckte man ihn zeitiger als sonst und führte ihn vor die Leiche seines Vaters. Es war hell im Zimmer. Vor dem Bette lag die Mutter zusammengebrochen. Der Sohn aber fühlte solche Kraft, daß er sie unter den Arm griff und mit fester Stimme sagte: „steh auf, Mutter.“ An diesem Tage ging er in die Bibliothek, wie stets. Sein Blick, wenn er die Frauen streifte, war noch leerer und fester als sonst. Er drückte die Mappe, in der zwei Bogen seiner Arbeit lagen, an sich, als er den Perron der Elektrischen bestieg. Immerhin arbeitete er seit diesem Tage unsichrer. Mängel fielen ihm auf, Grundprobleme, über die er bisher gleichmäßig hinweg gesehen, begannen ihn zu beschäftigen. Bei seinen Bücher-Bestellungen verlor er plötzlich Maß und Ziel. Stöße von Zeitschriften umgaben ihn, in denen er mit alberner Peinlichkeit die unwichtigsten Daten aufsuchte. Unterbrach er die Lektüre, so verließ ihn nie das Gefühl eines Menschen, dem die Kleider zu weit sind. Als er die Schollen in die Gruft seines Vaters warf, dämmerte ihm der Zusammenhang zwischen der Totenrede, der endlosen Reihe der Bekannten und der eigenen Gedankenlosigkeit. „Dies alles was schon oft so. Wie typisch das ist.“ Und als er vom Grabe unter die trauernde Menge ging, war sein Seelenschmerz wie eine Sache geworden, die man mit sich herumträgt und sein Gesicht erschien breiter vor Gleichgültigkeit. (…) Als er eines Mittags von der Bibliothek zurückkam, fiel es ihm ein zu reisen. Denn was hatte er hier noch zu suchen? Es galt zu studieren. [Walter Benjamin, Der Tod des Vaters, GS, IV, 2, SS. 724, 725]


“Bello, io vengo sempre a quest´ora a far la spesa. Dopo si prende meglio, lo dicono che si fa meglio a mezzogiorno, ma a me non mi va di prender gli scarti degli altri. Te li tirano dietro dopo, quelli zucchini là te li mettono a due lire, un euro tutto, ma non sono mica gli zucchini che ci sono ora, so´ mosci, brutti. Ma senti, a me non piacciono, poi…”. Ecco, naturale, a quest'ora, che ora sarà, a quest´ora la frutta è migliore, belle verdure. Sì, sarà così, è così, me lo dovrei segnare. Si curvò per capire meglio, forse indietro, perché a volte sbagliava nel porsi, e invece di avvicinarsi, nel suo contorcersi magari si tirava via colla schiena o il collo reclinava, ma era intento e la donna lo vide senz´altro e infatti continuò per spiegare, e lo portò a un banco il più grosso. “Mara! Ciao bella! oh tuo marito? è sempre colla febbre? non s´è ripreso?” - e a me piano “È Mara, fa tutto lui però, se non c´è è un guaio, il banco è caro ma ci trovi tutto” – “Falli i miei saluti! Che si rimetta presto!”. Caldo. Ho lasciato la penna ora mi serviva. Tutte le tasche che ho. Le pareva non sapessi dividere e suddividere? Lo sa lei come scrivo? No? [Francesco Merlin, ´Passante´, Dal mio diario]


At first Bartleby did an extraordinary quantity of writing. As if long famishing for something to copy, he seemed to gorge himself on my documents. There was no pause for digestion. He ran a day and night line, copying by sun-light and by candle-light. I should have been quite delighted with his application, had be been cheerfully industrious. But he wrote on silently, palely, mechanically. It is, of course, an indispensable part of a scrivener’s business to verify the accuracy of his copy, word by word. (…) Now and then, in the haste of business, it had been my habit to assist in comparing some brief document myself, calling Turkey or Nippers for this purpose. One object I had in placing Bartleby so handy to me behind the screen, was to avail myself of his services on such trivial occasions. It was on the third day, I think, of his being with me, and before any necessity had arisen for having his own writing examined, that, being much hurried to complete a small affair I had in hand, I abruptly called to Bartleby. In my haste and natural expectancy of instant compliance, I sat with my head bent over the original on my desk, and my right hand sideways, and somewhat nervously extended with the copy, so that immediately upon emerging from his retreat, Bartleby might snatch it and proceed to business without the least delay. In this very attitude did I sit when I called to him, rapidly stating what it was I wanted him to do—namely, to examine a small paper with me. Imagine my surprise, nay, my consternation, when without moving from his privacy, Bartleby in a singularly mild, firm voice, replied, “I would prefer not to.” I sat awhile in perfect silence, rallying my stunned faculties. Immediately it occurred to me that my ears had deceived me, or Bartleby had entirely misunderstood my meaning. I repeated my request in the clearest tone I could assume. But in quite as clear a one came the previous reply, “I would prefer not to.” “Prefer not to,” echoed I, rising in high excitement, and crossing the room with a stride. “What do you mean? Are you moon-struck? I want you to help me compare this sheet here—take it,” and I thrust it towards him. “I would prefer not to,” said he. I looked at him steadfastly. His face was leanly composed; his gray eye dimly calm. Not a wrinkle of agitation rippled him. Had there been the least uneasiness, anger, impatience or impertinence in his manner; in other words, had there been any thing ordinarily human about him, doubtless I should have violently dismissed him from the premises. But as it was, I should have as soon thought of turning my pale plaster-of-paris bust of Cicero out of doors. I stood gazing at him awhile, as he went on with his own writing, and then reseated myself at my desk. This is very strange, thought I. (…) Meanwhile Bartleby sat in his hermitage, oblivious to every thing but his own peculiar business there. Some days passed, the scrivener being employed upon another lengthy work. His late remarkable conduct led me to regard his ways narrowly. I observed that he never went to dinner; indeed that he never went any where. As yet I had never of my personal knowledge known him to be outside of my office. He was a perpetual sentry in the corner. [Herman Melville, Bartleby, the Scrivener]


Cosa sarebbe apparso? Un cubo di carta, più in qua, una bustina di medicinale, il nastrino di una caramella, questo non lo so, non lo so, non lo so. Sapere cos’è, avessi una penna. Il braccio mi diede una sorsata di latte, ma gli tremò il petto e qualcosa si versò addosso. Riposò subito tutto, e quasi pianse una smorfia nel vetro bollente, ma poi si girò. Non c’era nessuno e la donna era sempre intenta al suo facoltoso esercizio. Buttò giù la testa alle sue carte e ne vide una spalancata gialla e la riaccartocciò immediatamente. Non capisco non capisco non capisco. Non riusciva a fare più nulla e i gesti cominciarono a balbuziarli sotto le mani, e i pensieri a cadergli via. Fui costretto ad alzarmi. Mi avvicinai alla cassa, coi pugni chiusi sotto le maniche, e dissi qualcosa, disse qualcosa di farfugliato, con gli occhi mezzi o tutti chiusi, la fronte accigliata, stringendo le labbra di bolle. “90 centesimi”, senza troppe esitazioni, posando il lapis e le sue pagine, portando il suo spirito d’osservazione sopra gli occhiali a dei tasti grossi argentati di un calcolatore. Lui non si mosse. Lei lo guardò. Lui irrigidì. Estrasse le sue mani lentamente dalle tasche, poi vi rientrò e ritirò fuori i suoi oggetti, riempiendosene i pugni, la pallina di vetro, i fogli, dei mozziconi ed una serie di non identificabili affarini. Non aveva ancora finito che la signora spazientì la calma che non aveva e gli indicò l’uscio, senza volerne perdere altra di pazienza. “Ma vada a lavorare!”. Lui continuava a lavorare le sue tasche, imperterrito e ostinato di malattia, finché non uscì un soldo da due euro, oro-argento. Doveva esser quello per forza, così porse il palmo aperto, e la donna seppe cosa estrarre. Gli rese stizzita tante monetine più piccole, che s’andarono a mischiare nella sua mano ancora socchiusa. Avevo sudato. Mi caddero le braccia e fui costretto a uscire. Per una questione di aria, aria rapita fra capelli distinti di tante figure distinte. [Francesco Merlin, ´Passante´, Dal mio diario]



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Gespräch über die Liebe


Amor [Dante Alighieri, La Divina Commedia, Inferno, V, 100]


ANTONIO. In Einem Augenblick forderst du,


Was wohlbedächtig nur die Zeit gewährt.


TASSO. In Einem Augenblick gewährt die Liebe,


Was Mühe kaum in langer Zeit erreicht.


Ich bitt es nicht von dir, ich darf es fordern. [Johann Wolfgang Goethe, Torquato Tasso, Reclam, Stuttgart, 2007, S. 39]



Amor, ch’al cor gentile ratto s’apprende [Dante Alighieri, La Divina Commedia, Inferno, V, 100]



SOPHIA. Hier müssen wir, glaube ich, zuerst von dem sprechen, was einziges Recht der Liebe ist: die Äußerung. Es gibt keine Liebe, die nicht stets getrieben würde, sichtbar zu werden. Andere Einflüsse mögen für den Augenblick daran hindern – die Liebe aber sucht immer, sich dem Geliebten zu zeigen. [Walter Benjamin, Gespräch über die Liebe, GS, VII, 1, 17]



Amor [Dante Alighieri, La Divina Commedia, Inferno, V, 100]



AGATHON. Unerwiderte Liebe aber – muß man sie nicht zum Schweigen verurteilen?


VINCENT. Es gibt unerwiderte Verliebtheit, Agathon – gibt es unerwiderte Liebe? ... [Walter Benjamin, Gespräch über die Liebe, GS, VII, 1, 17]



Amor, ch’a nullo amato amar perdona,


mi prese del costui piacer sì forte,


che, come vedi, ancora non m’abbandona. [Dante Alighieri, La Divina Commedia, Inferno, V, 103-105]



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Möglichkeit


ANTONIO. Wir hoffen immer, und in allen Dingen


Ist besser hoffen als verzweifeln. Denn


Wer kann das Mögliche berechnen? [Johann Wolfgang Goethe, Torquato Tasso, Reclam, Stuttgart, 2007, S. 64]


Ist Hoffnung der Grenzbegriff zwischen das Mögliche und das Unmögliche?